Schmid
malt, Reising schreibt
Gibt
es mehr als eine Alternative? Sie wäre das eine wie das
andere, und: Das Eine
ist nicht
wie
jegliches Anderes, vielleicht ist die Entscheidung darüber nur
die, wie man
anfängt? Und,
anfangen,
natürlich, man sucht nach etwas, vielleicht nach einer
Bestätigung oder, nach
einem
eigenen
Wunsch, oder, dem Wunsch nach Bestätigung und dann
hält man sich daran fest,
versucht
sich, versucht es zu bannen. Dann vielleicht zu begreifen und danach
erst zu
verstehen:
Es geht um etwas gänzlich Anderes.
Halt,
nicht so schnell, erst aufgreifen, dann weitermachen, sich
erklären, die Sicht
auf die
Dinge
zu klären, zu erklären, dass ein Bild ein Bild sei
und nicht nur der Eindruck,
den die
Augen
hinterlassen, allem Anschein spurenlos, nur ein Bild im Bilde, wie ein
Echo
vielleicht,
dies
aber auch zu fassen.
Ist
das Eine wie das Andere, dann betrifft dies die Form: Ein
Gemälde ist ein
Gemälde, meist
ein
harmonischer Keilrahmen, Farbe zu vertragen, und, vor allem Farbe, die
zur
Ausstrahlung
werden
soll.
Und
schon ist es von vorn herein ein Bild, dieser Holzkasten hier, klein
und mit
feiner
Leinwand
überzogen, ein Obkjekt fast schon selbst, ein wenig auch
Bildhauerei, zumindest
plastisch,
die Wand erhaben zu besetzen: Hier, so weiß es sein wird, ein
Weiß, es setzt
sich
gegen
die weiße Wand ab, um sicher vor der Wand zu stehen, auch zu
schweben
gleichsam,
um
dann erst das Bild zum Gemälde zu machen, farbig also, die
Oberflächen zu
teilen, um
sich
mitzuteilen, Maßstäbe zu machen, die
buchstäblich maßgeblich zu trennen, um zu
verbinden,
als wisse man um die Abstände, als kenne man die
Ausmaße der Welt, ihren
Horizont,
ihre Felder und Gräben und Städte und
Flächen, Bildteiler, Erzählungen in die
Leere
hinein, gleich wird es symbolisch, aber eine jede Person sucht auch den
Raum,
in dem
sie
sich befinden möchte oder - auch nicht.
.,
Das
Eine wie, fast auch das Andere, wo das Eine nicht ist, bleibt es eine
Suche
auch nach dem
Innen
wie Außen, sich zeigen, setzen, festsetzen, auf der Leinwand
Zeichen zu setzen,
ohne
ihr
eigenes Muster zu durchbrechen: Gaze, Gewebe, Transparenz, da hilft
vielleicht
die
Suche
nach der Suche, vor der Suche, zumindest beginnen, eine Setzung zu
wagen,
vielleicht:
besuchen,
abgrenzen, je nachdem, gleichwie, mit den Augen auf den
Flächen zu spazieren,
ein
ewiger Mäander nach Maßgaben, und sogleich ist es
wieder ein Bild im Bild, ein
Anschnitt,
ein Ausschnitt, was nun, ein Fenster? Nach Leonardo eines der drei
Zeichen:
Bezeichnungen
für Malerei, neben der Wand und dem Spiegel, mehr gibt es bis
heute nicht an
bildlichen
Metaphern, mehr noch ein Meer an Andeutungen von Ausdeutbarem, man kann
das
einfach so stehen lassen, ist es eine Reihe, eine Serie, ein Raster wie
Netz,
ein
Muster etwa auch von einer Platine zum Beispiel, gleichwie, es sind
Zeichen wie
der
Lichtschlitz, es ist alles greifbare Wirklichkeit, greifbare Illusion
zugleich,
hier:
Gespritzt,
auch in irisierendem Dekospritzlack, ein Raster wie Erinnerungen an
ununterbrochen
gebrochene Lichter /Schatten aus dem
Heimwerkerbedarfsgeschäft,
ach,
der Künstler ist immer auch Bastler, auch Dillettant, nur
dadurch fällt ihm
Neues zu:
Zufall,
sonst erfände man nie Neues, und der Zufall? Vielleicht ist er
die
entscheidende
Konstante
unserer Welt.
Noch
nicht so weit ist er, der Lack hat seinen Teil am Ganzen in seinen
Grenzen und
jenem
des
Ganzen, ein Geviert wie andere, unter anderem also, eine Setzung, noch
einmal,
irgendwie
muß man anfangen, und sie wird durch das Malen selbst
begrenzt, indem sie sich
ausdehnt,
eben zur Ebene wird, ein klassisches, ein sorgsam besonnenes
Aufspachteln von
Ölfarbe,
mehrfach auf jene, auf diese Fläche unterschiedlich, auch
dort, wo bald drei,
vier
Gevierte
entstehen, quadratisch bis zum Rechteck verdoppelt, den Rand entlang,
den
Stegen
mit
den anderen, eines aus dem anderen, ein Vexierspiel, ein anderes, aber
immer
das gleiche
Rastern,
um herauszufinden, wie sie sich wölben, dann, wegen des
sorgsamen Spachtelns,
Risse,
Stege, Hohlräume, sie signalisieren Handarbeit, auch hier
Zufälligkeiten, die
sich
verdichten,
eine ruhige Hand, sicher, aber auch die Suche, und Suche ist immer auch
Hilflosigkeit,
so
erfahren man sein mag, sein möchte, lass sie doch, lass sie
alle so stehen,
nie
ist eine Hand so glatt wie die Glätte, streich doch noch
einmal drüber, spüren
und fühlen,
Fühlen
ist die Bestätigung des Sehens, sonst glaubt man nicht
wirklich, ja, ich spüre
es, es
werden
Farbflächen verschiedenster Dichtigkeiten wie Spannungen, die
sich dann mit den
Anderen
messen, vergleichen und angleichen, mit den angrenzenden
Flächen einen
vergleichend
gleichen Baukasten bilden, Tektonik, Plastik, Architektur, ein ganzes
Bild,
fast
ist
es so schon ein kleiner Kosmos, das haben wir sie, das Große
im Kleinen, beide,
selbst
wieder
Teil eines Rasters, und als solcher nie wieder erkennbar, das Kleine
ist groß,
das
Große
des Kleinen, eine unendliche Reihe, Zeile für Zeile,
Größe um Größe, ein Bild,
es soll
strahlen,
die Farbe sich dehnen und klingen, groß, je nach
Verhältnissen und Maßstab,
sich
selbst
und selbst einer.
Maßstäbe
sind metrische Rhythmen, Teilungen im Sinne einer fast seriellen
Melodie, die
ganze
Flächen zu Räumen voller Assoziationen zu machen, zu
malen, bis die Farbe zu
schwingen
beginnt, sich ausdehnt, weiter, nach vorn wie nach hinten, zur Seite,
zu allen
und
zu
locken beginnt, dann zu Proportionen findet, zu malen, bis das Pigment
leuchtet, ein
Vorgang,
die Farbe zur Energie aufzuladen, kein leichter, und, dann, miteinander
und
untereinander
flächige Verbindungen zu entwickeln, Sprünge
zuzulassen, verbinden, um sich
wieder
trennen zu können, ein bewegliches, ein flexibles Handeln
zuzulassen, eine jede
Farbe
samt
ihrer Form trage sich selbst und gebe der anderen die Kraft,
gemeinschanftlich
ein
Ganzes zu bilden, um eine neue, andere und kräftigere Gestalt
zu formen, gibt
es Schöneres?
So
weit nicht, doch, das bleibt das Ziel, das geht weit, weiter weiter, es
geht um
Entfernungen,
Distanzen untereinander, voneinander, um jene Ränder, die nur
jene Person als
Rand,
am Rand sieht, die selbst begrenzt ist, und daher sind jene Linien, die
aus dem
Bild
herausleuchten,
letztlich Verbindungen zwischen den flächigen Aufteilungen,
und bisweilen
bilden
sie Stege, dann wieder durchaus klar begrenzte Spuren, die durch das
Abkleben
der
Flächen
untereinander erfolgten, ein Augensprung, und umso stärker
taucht die Farbe
auf,
vorher,
die dabei durch das sorgsame Übermalen mit hochwertigem
Titanweiß: Das Weiße,
weißt
du, ist Vieles. Aber eines ist es nicht, das Einfache bedecken, das
wäre fatal,
das Weiße
muss
all jenes tragen, was unter ihm ist, als sei es eine transparente
Decke, den
Farbkörper
nach
vorne zu dichten. Weiß geht, das weiß man, nach
vorne, das Dunkle, klar, nach
hinten.
Es
geht darum, den ganzen Raum zu öffnen. Das tut es: sich
öffnen, obwohl es am
Anfang ein
Widerspruch
schien. Am Anfang? Eine Alternative.
G. Reising,
07/2007